Ortsgeschichte #2: Bedeutung des Ortsnamens

By 15. Juni 2010Ortsgeschichte

In der Bedeutungslehre ist nicht von dem seit Schwarz vertretenen Ansatz des slawischen prĕgradĕ „vor der Burg, Vorburg, Beiburg“ auszugehen, weil es hier nie eine Burg oder ein ansässiges mittelalterliches Adelsgeschlecht, für das man eine Burg annehmen könnte, gegeben hat. Auch der Ansicht von Julius Strnadt, dass der Ortsname vom gut 3 Kilometer entfernt liegenden Dorf „Pregartsdorf“ stammt kann nichts abgewonnen werden. Folgen wir den Ausführungen Strnadts und nehmen wir an, dass eigentlich Pregartsdorf das von Schwarz vertretene slawische prĕgradĕ „vor der Burg, Vorburg, Beiburg“ ist, so könnte man doch annehmen, dass die ca. 2 km in östlicher Richtung von Pregartsdorf entfernt liegende, heutige Ruine Reichenstein, der gesuchte Kristallisationspunkt, also die „Burg“ ist. Dies ist allerdings reine Spekulation, da Reichenstein selbst erst im Jahre 1230 in die geschriebene Geschichte eintritt und urkundliche Beweise für slawischen Ursprung fehlen.

prēgōa(d)n (Mundart)
pregrada (slawisch)
pergordā (urslawisch)
přehrada (tschechisch)
przegroda (altpolnisch)

Tatsächlich taucht der Ortsname Pregartsdorf erstmals in Urkunden des späten 18. Jahrhundert auf. Es handelt sich also um eine Bildung aus der Josephinischen Zeit. Vor dieser Zeit wurde Pregartsdorf in den alten Urkunden mit „Dorf“ bezeichnet. Vielmehr liegt für Pregarten das slawische pregrada (aus dem urslawischen pergordā; slowenisch pregrad(a) „Abzäunung, Umzäunung, Einfriedung“ sowie tschechisch přehrada und altpolnisch przegroda) zugrunde. Das Wort gehört zum slawischen Verbum graditi (in altkirchenslawisch graditi „bauen“, ograditi „umzäunen“; slowenisch graditi, tschechisch hraditi, obersorbisch wobhrodźić, niedersorbisch wobgroźiś „umzäunen, einfrieden“) und ist eine Ableitung des slawischen Wortes grada.

Dieses bedeutet zwar „Burg, Schloss, Stadt“ (slowenisch grad, tschechisch hrad, obersorbisch hród, niedersorbisch grod), doch ist von der ursprünglichen Bedeutung „Umzäunung, Einfriedung“ auszugehen, die durchaus auf den prähistorischen kultisch-rituellen Akt der Siedlungsgründung durch abgesteckte oder umgürtende Eingrenzung des Geländes Bezug nehmen kann. Die Bedeutung „umzäuntes, eingehegtes Grundstück“ liegt nicht nur dem Ortsnamen Pregarten, sondern auch dem in Oberösterreich gebräuchlichen gleichlautenden mundartlich Appellativ zugrunde, das den vor dem Haus liegenden eingezäunten Gemüse- und Küchengarten bezeichnet, der sonst meist Point (von bairisch-mittelhochdeutsch piunte „eingehegtes, dem Anbau vorbehaltenes Grundstück“) heißt.

Der Ortsname hat nichts zu tun mit dem ebenfalls mundartlich pre lautenden Adverb und Substantiv in der Bedeutung „voran“ bzw. „Vorrang“ von lateinisch prae „vor, voraus“, das das Wörterbuch der Bairischen Mundarten in Österreich, Band 3, Spalte 798, wohl auch in Pregarten als „Vorgarten“ sehen möchte. Pregarten kommt in Oberösterreich mehrfach als Flurname vor, unter anderen in der Nachbargemeinde Hagenberg (OÖ Landesarchiv, Flurnamensammlung). Bei der Eindeutschung von slawisch pregrada wurde das Zweitglied durch das lautähnliche und bedeutungsgleiche althochdeutsche garto (mittelhochdeutsch garte „Garten“) volkssprachlich ersetzt.

Im Dezember 1910 berichtet Lorenz Hirsch im „Greiner Wochenblatt“ Nr. 50, Druck und Verlag von J. M. Hiebl in Grein, über die Schreibweise von Pre(ä)garten.

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